Aus den meisten Pflanzen können Farben gewonnen werden. Das hat eine sehr lange Tradition und macht Kindern auch heute noch richtig Spaß!

Zurück zu Urgroßmutters Garten – so könnte das Motto lauten. Bevor chemische Farben die Welt eroberten, waren Naturfarben die einzige Möglichkeit, etwas Bunt in das Leben zu bringen. Erde und Mineralien lieferten unterschiedliche Brauntöne, aus Schnecken gewann man prächtiges Purpur, aus Schildläusen leuchtendes Rot. Die wichtigsten Quellen waren jedoch Pflanzen, genauer deren Früchte, Samen, Blüten, Blätter, Rinden und Wurzeln. Besonders ergiebig sind die sogenannten Färberpflanzen.

Der Zierlauch mit seinen fröhlichen Blütenbällen ist eine Pflanze, die lieber bewundert als gepflückt werden möchte. Das leuchtende Lila ist aber allzu verlockend für kleine Maler …

Klassische Färberpflanzen

Zu den traditionellen Färberpflanzen gehören Krapp, Färberwaid und Färberwau. Krapp (Rubia tinctorum) ist ein stacheliges, bis einen Meter hohes Kraut mit winzigen, unscheinbaren Blüten und leider kein Hingucker im Garten. Das prächtige Rot steckt in der Wurzel, die erst getrocknet werden muss, bevor sich der Farbstoff entwickelt. Die Blätter des Färberwaids (Isatis tinctoria) liefern ein wunderbares Blau, das schon die alten Ägypter nutzten. Später färbten sich die Britannier vor einer Schlacht mit Färberwaid blaugrün, so berichtete es Caesar, was ihnen ein furchtbares Aussehen verlieh. Aus dem Färberwau (Reseda luteola) wurde ein leuchtendes Gelb gewonnen.

Der Färberwaid blüht gelb, aber er liefert ein herrliches Blau. Der blaue Farbstoff steckt in den Blättern, die getrocknet, zermahlen und vergärt werden.

Der meiste Farbstoff steckt in den winzigen Samen, verwendet wird aber die ganze Pflanze. Färberwaid und Färberwau sind robuste zweijährige Pflanzen und sehen auch im Garten sehr gut aus. Sie bevorzugen einen sonnigen Standort und einen lockeren, kalkhaltigen Boden. Im ersten Jahr bilden sie eine Blattrosette, im zweiten kommen sie zur Blüte.

Beispiele für Färberpflanzen

Rund 70 Pflanzen zählen zu den Färberpflanzen, die meisten von ihnen besitzen auch Heilwirkungen, so Schafgarbe, Ringelblume, Roter Fingerhut, Johanniskraut oder Kamille, werden als Kräuter verwendet wie Petersilie, Minze, Thymian oder Weinraute, sind beliebte Gartenpflanzen, zum Beispiel Stockrose, Dahlie, Rittersporn, Ginster oder Veilchen, kommen als Obst und Gemüse auf den Tisch, darunter Küchenzwiebel, Rotkohl, Sauerkirsche, Rhabarber, Schwarze Johannisbeere oder Brombeere, oder sie gelten als Feld-und-Wiesen-Unkraut wie Klatschmohn, Flockenblume, Löwenzahn und Brennnessel.

Die Stockrose blüht zwar erst im Spätsommer, aber das Warten lohnt sich. Sie gehört zu den schon früh genutzten, altbewährten Färberpflanzen.

Zu den Färberpflanzen gehören nicht nur Stauden und Sommerblumen, sondern auch Bäume, zum Beispiel Esche, Erle, Walnuss und Kastanienbaum. Hier stecken die Farbstoffe in der Rinde oder, wie bei der Walnuss, in der Nussschale. Walnüsse werden unreif geerntet und färben dann ausgesprochen gut, je nach Material hellbraun bis graubraun. Die Natur hat hier allerhand zu bieten und bietet Farben im Überfluss.

Bunte Farben aus Blüten

Im Garten wachsen sehr viele Pflanzen, aus denen sich Farben gewinnen lassen; am augenfälligsten sind natürlich die Blüten, gefolgt von den Früchten. Zwei wichtige Farbstoffgruppen sind Anthocyane und Flavonoide, die, weil wasserlöslich, für Kinder besonders leicht zu handhaben sind. Anthocyane verleihen etlichen Blüten und Früchten eine rote, violette, blaue oder blauschwarze Farbe. Sie sind im Zellsaft fast aller Pflanzen gelöst, werden gerne auch als Lebensmittelfarbe genutzt und haben eine interessante Eigenschaft: Gibt man sie in Essig, sind sie rot, im
Seifenwasser blau
. Unter den Frühjahrsblühern sind die Blüten der Duftveilchen (Viola odorata), Pfingstrose und Klatschmohn; im Sommer sind es Blüten der Schwarzen Malve (Alcea rosea), Wilde Malve und Rittersporn und im Herbst die meisten Beerenfrüchte.

Aus den Veilchen lassen sich nicht nur rote, blaue und violette Farben gewinnen, sie sind auch essbar. Kandierte Veilchen sollen köstlich schmecken.

Wassermalfarben aus der Natur

Flavonoide kommen in allen Pflanzen vor, sie färben gelb bis hellbraun und lassen sich aus Blüten, Kraut und sogar Wurzeln gewinnen. Bei Färberkamille (Anthemis tinctoria) und Färberginster (Genista tinctoria) wird zum Beispiel die ganze Pflanze verwendet. Ideal für die Kinder sind Studentenblumen (Tagetes); sie werden einfach in Töpfen oder gleich im Beet ausgesät, sind pflegeleicht und ihre Blüten liefern den ganzen Sommer
über schnell und einfach gelb-orange Wassermalfarben.

Studentenblumen oder Tagetes sind ideale Pflanzen für Kinder. Es gibt sie in verschiedenen Farben und Größen.

Andere Farbstoffe sind in Pigmenten gebunden, so die gelb-orange-roten
Karotinoide. Diese Teile – Blüten der Ringelblumen, Narben des Safran-Krokus (Crocus sativus) und natürlich die Karotten – müssen mit dem Mörser klein gestoßen werden, bevor sie ihre Farben freigeben.
In den Blütenblättern liegt meist ein Farbstoffgemisch vor, das sich während der Blütezeit verändern kann. Deshalb können auch bei nur kleinen Änderungen der Rezeptur unterschiedliche Färbeergebnisse
herauskommen. Übrigens: Die Farbe Weiß gibt es nicht; Weiß entsteht durch eingeschlossene Luftbläschen, die das einfallende Licht reflektieren. Für weiße Stoffe und Gewebe werden die Fasern mit Schwefel gebleicht.

Grüne Farbe aus den Blättern

Die grüne Farbe, das Chlorophyll, ist im Pflanzenreich allgegenwärtig, ja, es ist das Kennzeichen aller Pflanzen. Der Farbstoff sitzt fest gebunden in den Chloroplasten der Pflanzenzellen und stellt aus Wasser und Kohlendioxid mithilfe der Energie des Sonnenlichts kleine Zuckermoleküle her – das ist die Nahrungsgrundlage aller Lebewesen. Das Chlorophyll ist nicht immer leicht aus den Pigmenten herauszulösen, am ehesten gelingt es aus frischem Gras, jungen Brennnesselblättern und den ersten Laubblättern etwa von Birke oder Pappel, außerdem Petersilie.

Junge Birkenblätter ergeben ein zartes, gelbliches Grün. Bei der Ernte sollte darauf geachtet werden, dass keine Rinden- oder Aststücke dabei sind. Sie verfälschen später den Farbton.

Mit Pflanzen: Farben gewinnen und färben

Das Prinzip des Färbens ist immer gleich, im Detail aber sehr kompliziert: Die Pflanzen wurden zerkleinert, in Wasser eingeweicht und gekocht. Weil die wenigsten Farbstoffe auf Fasern haften, müssen die Garne, Stoffe und Fasern vorbehandelt, sprich gebeizt werden. Die Beizmittel – Alaun, Weinstein, Eisen, Kupfer, Zinn, Kalium, Chrom, Kochsalz und Kalk – beeinflussen wiederum die Farbtönung. Die Färber einst hantierten mit allerhand stinkenden, giftigen Gebräuen; sie hielten ihre Rezepte streng geheim und schlossen sich zu Gilden und Zünften zusammen.
Es geht aber auch einfacher: Die Kinder sammeln frische Blüten und Blätter, zerkleinern sie und geben einige Tropfen Wasser dazu; intensiver werden die Farben durch Kochen. Das gelingt bei fast allen Pflanzen. Diese Farben reichen allemal zum Malen und Ostereierfärben.

Spannende Experimente für Kinder zum Thema „Malen mit Pflanzenfarben“ finden Sie zusammen mit einer Übersicht, aus welchen Pflanzen welcher Farbtönen gewonnen werden, in LandKind 02/21.