Frisch vom Strauch gepflückt ist die Schlehe wegen ihres Geschmacks nur in winzigen Mengen genießbar. Nach dem Frost, gekocht oder getrocknet, gewinnt sie an Aroma und soll außerdem allerlei Leiden lindern.

Dornschleha, Schlingenstrauch, Bockbeerli, Schlechbeeri, Hagel-, Schwarz-, Schleh-, Schlehen-, Sau- und Heckendorn, Hafer-, Sauer- und Kietschkepflaume, Schlaia, Schliehen, Schlinken: Die Schlehe hat wirklich viele Namen im deutschsprachigen Raum! Die Bezeichnung „Schlehe“ und die sprachlichen Abwandlungen Schlaia, Schliehen oder Schlinken leiten sich vom indogermanischen Wort für bläulich ab und beschreiben die Farbe der Beeren. Wobei Beere nicht ganz richtig ist: Die Schlehe Prunus spinosa gehört zu den Pflaumen – wie aus einigen der oben erwähnten Namen bereits abzulesen ist. Auch den typischen langen Dornen wird in einigen Volksnamen Rechnung getragen.

Schöne Blüte, hartes Holz

Während Schlehensträucher im Winter ohne verhüllende Blätter ihre dunkle Rinde zeigen, zählen sie im März und April zu den ersten Sträuchern, die blühen. Dann sind sie über und über von kleinen weißen Blüten bedeckt, noch bevor die Blätter erscheinen. Schmetterlinge wie das Tagpfauenauge tummeln sich dort, um den süßen Nektar zu naschen. Die Pflanze selbst ist sehr robust und wurde schon immer gerne als Windschutz gepflanzt oder diente als Befestigung von Böschungen.

Vielerorts bilden die Schlehensträucher im Frühjahr ein prächtiges weißes Blütenmeer.

Das Holz wächst extrem langsam und ist sehr hart. An alten Sträuchern wachsen häufig Flechten, die die Rinde heller wirken lassen. Aus den Blüten werden im Laufe des weiteren Jahres grüne Früchtchen, die sich im Herbst dunkelblau bis schwarz färben. Frost macht die zuvor recht bitteren Steinfrüchte genießbarer. Die langen, spitzen Dornen schrecken einige hungrige Wildschweine oder Rehe ab. Meisen hingegen erfreuen sich den ganzen Winter über an den nahrhaften Schlehen. Der Neuntöter brütet in der Schlehenhecke und nutzt die Dornen, um seine Beutetiere aufzuspießen. Die Vögel scheiden den Samen mit ihrem Kot wieder aus und sorgen so dafür, dass die Schlehe sich ausbreiten kann. Doch auch ihre kriechenden Wurzeln sorgen für Ausbreitung: Aus ihnen wachsen weitere Schösslinge empor. Über die Jahre kann ein einziger Schlehenstrauch deshalb ein undurchdringliches Dickicht bilden. Die Sträucher können bis zu 40 Jahre alt werden und wachsen dann sogar über drei Meter hoch.

Die zarten Knospen der Schlehe öffnen sich, noch bevor auch nur ein einziges Blatt an den Zweigen zu finden ist.

Heimische Heilpflanze

Die Schlehe ist bei uns in Europa mindestens seit der Jungsteinzeit heimisch. Sie ist zudem in Nordafrika ebenso wie in Nordamerika und Neuseeland zu finden. Schlehensträucher wachsen auf Ostseedünen und auf Berghängen – sogar auf 1600 Metern Höhe. Nur im ganz kalten Norden Europas fehlt die Schlehe. Sie hat es nämlich am liebsten sonnig und gedeiht an Waldrändern oder am Feldrain. In der Nachbarschaft von Haselnuss, Wildrose und Weißdorn fühlt sie sich wohl.

Schlehen – seit Generationen beliebt

Schon in der Steinzeit sammelten Menschen die Schlehenfrüchte; man fand Überreste aufgefädelter Kerne, die darauf hinweisen. Später im Mittelalter wurde aus den farbgebenden Substanzen der Rinde eine Art Tinte gewonnen. Man nutzte den roten Schlehenfarbstoff aber auch zur Haltbarmachung von Käse. Das sehr harte Schlehenholz diente traditionell als Material für Peitschenstiele und Spazierstöcke, die Blätter des Strauchs wurden mancherorts wie Tabak geraucht. Das dornige Gehölz sollte vor Hexen schützen. Bauern nutzen es aber sicher nicht nur wegen des Aberglaubens zur Umfriedung ihrer Grundstücke.

Die Früchte der Schlehe

Die Schlehenfrüchte werden in vielen Gegenden schon seit Jahrhunderten zu Saft, Wein, Marmelade oder Likör verarbeitet.
Sie sind ab September dunkel und damit reif, doch man erntet sie erst nach
dem ersten Frost. Denn mit der Kälte wird die Menge der bitteren Gerbstoffe ungefähr um die Hälfte reduziert, was die Schlehen genießbarer macht.

Die Früchtchen der Schlehe sind wie ihre Vettern, die Pflaumen, bereift. Sie wachsen oft
dicht an dicht an den stark verästelten Zweigen.

Die Schlehe und ihre Inhaltsstoffe

In den Blüten stecken neben anderen Stoffen geringe Mengen Amygdalin. Auf die Blätter trifft dies ebenfalls zu, daneben enthalten sie aber noch Gerb- und Bitterstoffe. Sie wirken verdauungsfördernd.
Die Früchte können mit Gerbstoffen und Vitamin C aufwarten.
Das Amygdalin, enthalten besonders in den Kernen, ist ein Blausäureglukosid. Große Mengen davon wären für den Menschen giftig; für gewöhnlich sind die Verzehrmengen allerdings viel zu gering, um schädlich zu sein. Zudem ist der Gehalt in Schlehen wesentlich geringer als in Aprikosen- und Apfelkernen oder Bittermandeln. Für Marmelade sollten die Kernchen aber entfernt werden.

Heilkraft

Blüten, Rinde und Früchte des Schlehenstrauchs wirken wegen der enthaltenen Gerbstoffe adstringierend, harntreibend, schwach abführend, können Fieber senken, Magen und Verdauung stärken und Entzündungen bekämpfen. Ein Tee aus Blättern und Blüten empfiehlt sich bei Husten, Bauchweh, Hautausschlag, Durchfall und Verstopfung.

1 TL frische oder getrocknete Schlehenblüten (gibt es in der Apotheke) mit 250 ml kochendem Wasser überbrühen. 5 Minuten ziehen lassen und dann abgießen. Je 1 Tasse davon 3 x täglich trinken.

Die Früchte hingegen wirken gegen Durchfall und Blähungen. Zu Marmelade verarbeitet regen sie den Appetit an. Getrocknet sind sie als Tee einsetzbar. Erwachsene können bei Zahnfleischentzündung die getrockneten Früchte einzeln kauen, bis zu vier Gramm pro Tag sind unbedenklich. Wegen der erwähnten Blausäure sollten Sie jedoch die Schlehenkerne nicht aufbeißen oder schlucken. In der Homöopathie werden Schlehenpräparate übrigens bei Herz- und Nervenschwäche eingesetzt. Sie können die Pflanzenteile selbst sammeln und trocknen – im Frühjahr die Blüten, später die Blätter und ab September die Früchte, – doch in der Apotheke sind sie ebenfalls erhältlich.