Alle Jahre wieder schmücken wir unsere Wohnungen mit ganz charakteristischen Pflanzen. Warum wählen wir gerade diese und was haben sie mit Weihnachten zu tun?
Kinder lieben Pflanzen, die eine Geschichte haben. Manche von ihnen werden seit 2000 Jahren geschätzt und verehrt, andere sind erst seit 200 Jahren bekannt. Dennoch haben sie alle einen festen Platz in der Advents- und Weihnachtszeit.
Das Wunder im Schnee: Christrose
In der Dunkelheit und Kälte des Dezembers öffnet die Christrose (Helleborus niger) ihre großen, weißen Blüten. Wie Schneeköniginnen schweben sie über dem grünen Laub – ein Bild, das zu dieser unwirtlichen Jahreszeit wie ein Wunder erscheint, und so wurde die Alpenpflanze schon bald zum Symbol des Lichts in der Dunkelheit, kurz: ein Weihnachtswunder.
Das Pulver aus ihrer Wurzel wurde als Heilkraut geschätzt. Weil es ein heftiges Niesen auslöst, bekam die ebenso merkwürdige wie schöne Pflanze den Namen Nieswurz. Das Niesen, so glaubte man einst, sollte das Gehirn von schädlichen Stoffen befreien und gegen Geisteskrankheiten helfen. Bis in die jüngere Zeit galt die Nieswurz außerdem als Heilmittel gegen Herzschwäche und Magenbeschwerden sowie als Abführmittel.

Für Kinder weit interessanter ist ihre Rolle in Märchen. In einigen Geschichten heilt die Christrose einen lieben, kranken Menschen und bewirkt somit ein Wunder. In „Zwerg Nase“ von Wilhelm Hauff wird der kleine Jakob in einen hässlichen Zwerg verhext. Seine Eltern erkennen ihren Jungen nicht und jagen ihn weg. Dann trifft Jakob auf die ebenfalls verhexte Gans Mimi und gemeinsam finden sie das Kraut „Niesmitlust“ – das Pulver der Nieswurzel – riechen daran, verwandeln sich zurück und alles wird wieder gut.
Als Zimmerschmuck eignet sich die Christrose weniger. Sie gehört in den Garten, und zwar in einen kalkhaltigen Boden. Einmal eingewöhnt blüht sie jedes Jahr aufs Neue und wird immer schöner. Dennoch kann sie als Topfpflanze auch das weihnachtliche Zimmer schmücken, dann sollte sie aber an einen möglichst kühlen Platz gestellt werden und nach den Feiertagen zügig wieder ins Freie kommen.
Zeichen der Hoffnung: Mistel, Stechpalme und Efeu
Unsere Vorfahren, die Kelten und Germanen, schmückten ihre Hütten mit immergrünen Pflanzen, etwa Mistel, Stechpalme und Efeu. Sie sollten das Böse abwehren, die Fruchtbarkeit stärken und zeigen, dass auch in der Dunkelheit des Winters das Leben weitergeht. Das Christentum übernahm diese Bräuche und wandelte sie ab. Die Stechpalme wurde zum Symbol für Jesus. Die lederartigen, spitzen Blätter stehen für die Dornenkrone, die roten Beeren für Blut, das Grün für die Hoffnung. Mit diesen Farben – Rot und Grün – ist die Stechpalme die ideale Weihnachtspflanze: dekorativ, einheimisch, weit verbreitet und sehr alt.

Efeu drückt hingegen Treue, Freundschaft und Liebe aus. Als Weihnachtsschmuck wirkt er sehr elegant und bildet einen schönen Kontrast zu den Tannenzweigen. Efeu ist eine sehr vielseitig verwendbare Garten- und Zimmerpflanze.

Die Mistel ist vor allem in England ein wichtiger weihnachtlicher Zimmerschmuck. Dort gilt der Spruch: No mistletoe, no luck! Kein Mistelzweig, kein Glück. So eine ungewöhnliche Pflanze muss ja schließlich Glück bringen. Als Halbschmarotzer lebt sie auf Bäumen und zapft von ihrem Wirt Wasser und Nährsalze ab. Oft ist das kugelförmige Pflanzengebilde mit den gegabelten Ästchen, den Blätterpaaren und den kleinen weißen Früchten erst zu sehen, wenn der Baum sein Laub verloren hat. Die großen Mistelkugeln sind schon viele Jahrzehnte alt, denn die Mistel wächst nur sehr langsam.

Aus der Neuen Welt: Weihnachtsstern und Weihnachtskaktus
Heute ist der Klassiker in der Weihnachtszeit der Weihnachtsstern (Euphorbia pulcherrima). Der Exot aus Mittelamerika trägt die Farben von Weihnachten – Rot und Grün –, ist pflegeleicht, preiswert und überall zu bekommen. Im letzten Jahr zogen die Gärtnereien rund 20 Millionen Weihnachtssterne heran. Keine andere Pflanze ist so beliebt und so einfach zum Blühen zu bringen. Dafür nutzen die Gärtner einen Trick: Sie schalten einfach das Licht im Gewächshaus aus. Nach einigen Tagen mit mehr als zwölf Stunden Dunkelheit setzt die Blüte ein, pünktlich zu Weihnachten. Die Blüten selbst sind klein und unscheinbar; umso auffälliger sind die leuchtend roten Hochblätter, die wie ein Stern die Blüte umgeben. Nicht alle Weihnachtssterne leuchten rot, es gibt Sorten in Cremeweiß, Gelb, Rosa, Apricot, Pink, Zimt und zweifarbig. Außerhalb der Blütezeit ist der Weihnachtsstern eine eher unscheinbare pflegeleichte Grünpflanze. Er mag die trockene Heizungsluft und fühlt sich bei Temperaturen von 20 °C wohl.
Gegossen wird, sobald der Erdballen zu trocknen beginnt. Auf Staunässe, Zugluft und Kälte reagiert er empfindlich.

Ähnlich anspruchslos ist der Weihnachtskaktus (Schlumbergera truncata). Auch diese Pflanze hält sich viele Monate lang zurück und zeigt erst zu Weihnachten ihre wahre Pracht. Ihre vielen großen Blüten hängen malerisch nach allen Seiten über den Pflanztopf hinweg – je nach Sorte rosa, rot, orange, gelb oder weiß.
Ursprünglich stammt der Kaktus ohne Stacheln aus den tropischen Regenwäldern Brasiliens, wo er hoch oben auf den Ästen und Zweigen von Bäumen wächst. Als Zimmerpflanze mag er es hell und warm, aber ohne direkte Sonne. Am liebsten sitzt er in einer Ecke der Küche, wo er bei guter Pflege – das heißt ab und zu gießen – mehrere Jahrzehnte alt werden kann.

Der Prächtige: Ritterstern
Weihnachtsstern und Weihnachtskaktus wirken geradezu bescheiden im Vergleich zum Ritterstern (Hippeastrum spec.), der dritten tropischen Pflanze, die an den Weihnachtstagen viele Zimmer schmückt. Kinder wie Erwachsene schauen fasziniert zu, wie sich ab Mitte November ein Blütentrieb aus der Zwiebel schiebt und zügig zu einem dicken, kräftigen, bis zu 80 cm hohen Schaft heranwächst. Dann öffnen sich die meist vier riesengroßen Trichterblüten, je nach Sorte reinweiß bis tiefrot, einfarbig oder gemustert. So groß, prächtig und eindrucksvoll. Oft kommt sogar noch ein zweiter Stängel aus der Zwiebel.
Die drei Zimmerpflanzen sind allesamt Exoten aus Ländern der Südhalbkugel. Ihre Blütezeit liegt im Südsommer, also in unserem Winter. Mit Weihnachten hatten sie zunächst nichts zu tun. Aber allzu gern holten wir sie uns als Zimmerpflanzen ins Haus und weil ihre Farben – grün das Laub, rot die Blüten – so gut zu Weihnachten passen, wurden sie zu Weihnachtspflanzen.
