Weinberge sind kleine Pflanzen- und Tieroasen: Werden sie rücksichtsvoll bewirtschaftet, sind hier dicke Schnecken, Eidechsen, Vögel und sogar das Ziesel zu Hause … Ein Familienausflug dorthin lohnt sich also absolut!

Wenn ab Ende August die Weinlese startet, ist in den Weinbergen ganz schön was los. Dann sind Winzerinnen und Winzer sowie ihre Angestellten auf den Weinterrassen zu beobachten, wie sie von Hand die reifen Trauben mit der gesamten Rispe abschneiden und ernten. Mancherorts übernehmen auch Maschinen die Arbeit; dabei werden die Beeren von der Rebe heruntergeschüttelt. Trotz dieser teils recht intensiven Bewirtschaftung sind Weinberge wichtige Rückzugsgebiete von Pflanzen und Tieren. Ein nachhaltig betriebener Weinbau muss natürlich einerseits den Ertrag im Auge behalten, andererseits möglichst die Artenvielfalt am Weinberg schützen.

Neben ökologisch angebautem Wein können in nächster Nachbarschaft allerhand Tiere und Pflanzen gedeihen.

Weinberg: Lebensraum für viele Pflanzen und Tiere

Seit die Römer vor über 2000 Jahren ihre Vorliebe für Wein und damit auch ihre Kenntnisse zu dessen Anbau zu uns gebracht haben, bildeten sich vor allem an Mosel, Rhein und Donau diese besonderen Lebensräume aus. Karl der Große sorgte später dafür, dass aus Klöstern in sonniger Lage große Weingüter wurden. Seitdem gelten Neckarland, Rheintal, die Bodenseeregion und Mainfranken als traditionelles Weinland. Dabei konnte man die sonnige Lage an ursprünglich schlecht zugänglichen Berghängen nutzbar machen. Und in diesen Kulturlandschaften siedelten sich allerhand Tiere und Pflanzen an, die es sonnig und warm mögen – ein ganz eigener Lebensraum entwickelte sich zwischen den niedrigen Mäuerchen, Rainen und Hecken der Bergterrassen.

Weinberge Mosel
Vielfalt: In vielen Weinanbaugebieten liegen die Weinterrassen zwischen bewohnten Ortsteilen, Wildwuchs und kleinen Wäldchen. Oder wie hier wunderschön der Mosel entlang.

Neben den kleinen Weinanbauflächen gibt es immer hier und da Stellen, an denen wegen ihrer ungünstigen Lage schon immer auf eine Nutzung verzichtet wurde. Auf diesen unberührten Flächen, wachsen – manchmal zwischen großen Felsen – Bäume und Büsche. Wege mit wild bewachsenen Rändern führen zwischen den Rebstöcken hindurch. Sie werden als Rebgassen bezeichnet. Hier scheint die Sonne oft besonders stark hin; wärmeliebende Pflanzen und Tiere fühlen sich darum sehr wohl.

Putziger Weinbergbewohner: Der Ziesel

Vor allem in Steillagen ist häufig kein Maschineneinsatz möglich und der Untergrund ist eher trocken und steinig. Hier finden sich die meisten Arten. Früher trieb sich das Europäische Ziesel bei uns noch häufig zwischen den Weinpflanzen herum. Mittlerweile ist dieses Erdhörnchen eher in Österreich auf Weinbergen, aber auch auf Flug-, Golf-, Sport- und Campingplätzen anzutreffen. Es benötigt nämlich kurzrasige Steppen mit gut durchlässigen Böden, um seine Höhlen anzulegen. Der possierliche Allesfresser liebt Samen, Wurzeln, Triebe, Blumen und Käfer. Leider ist er vom Aussterben bedroht.

Ziesel
Fast wie Erdmännchen stellen sich wachsame Ziesel auf die Hinterbeine, um sich einen Überblick zu verschaffen.

Fressen und gefressen werden: Die Weinbergschnecke

Überaus weit verbreitet hingegen ist die Weinbergschnecke. Ihr Haus wird bis zu fünf Zentimeter hoch, der Fuß acht bis neun Zentimeter lang. Dann wiegt sie immerhin 30 Gramm – kein Wunder, dass diese Brummer nicht nur in schlechten Zeiten in der Pfanne landeten. Die Delikatesse stammt heutzutage aber aus Schneckenzüchtungen, denn die kleinen Kriechtiere stehen mittlerweile unter Artenschutz. Sie leben in Nord-, Mittel- und Osteuropa und fühlen sich außer in Weinbergen auch in Laub- und Mischwald, Parks oder Wiesen ganz wohl. Am liebsten futtern sie vergammelnde Pflanzen. Interessant sind die Fühler:
Sie werden bei Gefahr als Erstes eingezogen. An ihrem Ende sitzt je ein Auge. Schnecken können damit hell und dunkel unterscheiden.

Weinbergschnecke
Weinbergschnecken sind bekanntlich eher langsam unterwegs. Immerhin schleppen sie auch ihr Haus mit sich herum!

Praktisch: Mit diesen Fühlern können sie außerdem riechen. Mit dem kürzeren Fühlerpaar tastet sich die Schnecke voran und prüft den Geschmack ihrer Nahrung. Ohren? Gibt’s nicht. Schnecken sind stocktaub. Kriechend und gleitend schaffen sie immerhin sechs bis sieben Zentimeter pro Minute. Drüsen sorgen für den Schleim unter dem Fuß. Er macht den Untergrund schlüpfrig und schützt ihre Haut vor spitzen Unebenheiten.

Überlebenskünstler: Die Mauereidechse

Mauereidechsen lieben den Wechsel aus offenen Abschnitten und dichter bewachsenen Bereichen. Hier finden sie genügend exponierte Stellen für ein Sonnenbad und können notfalls blitzschnell in ihrem Versteck verschwinden. Und wenn das mal nicht gelingt, haben sie einen Trick auf Lager: Bei Gefahr verliert diese Eidechse ihren Schwanz. Sein Zucken lenkt den Feind ab und sie kann doch noch fliehen. Keine Sorge! Ein bis zwei Monate später ist das lange Ende wieder nachgewachsen.

Mauereidechse
Mauereidechsen wärmen sich gerne auf sonnenwarmen Steinen und Felsen auf. In den Zwischenräumen finden sie notfalls Zuflucht.

Seltener Vogel: Der Bienenfresser

Zur Artenvielfalt im Weinberg gehören auch selten gewordene Vögel. Der Bienenfresser etwa bevorzugt weite Landschaften mit wenig Bäumen und Gebüschen – für ihn ist der Weinberg ideal, um sich leckere Fluginsekten zu schnappen. Der bunte Vogel futtert alles, was ihm in der Luft vor den Schnabel fliegt: Bienen, Schmetterlinge, Libellen und Käfer. An Hummeln ist am meisten dran. Gibt es einen Stachel, dann klopfen die Vögel das Gift heraus, bevor sie ihre Beute schlucken. Diese Tiere sind nicht gerade unauffällig! Das Gefieder leuchtet an Bauch, Brust und Stirn blaugrün, vom Oberkopf bis zum Rücken rostrot, während Kinn und Hals gelb sind.

Bienenfresser
Bienenfresser sind rasant unterwegs und jagen nicht nur Bienen.

Den Tieren zuliebe bio

Im ökologischen Weinbau sind chemische Spritz- und Düngemittel tabu. Hier werden nur natürliche Zutaten wie Kupfer und Schwefel zur Bekämpfung von Pilzkrankheiten verwendet. Zum Glück werden Pflanzen aus biologischem Anbau mit der Zeit sowieso immer robuster und resistent gegen Krankheiten. Der Weingarten bleibt ganzjährig begrünt – das schafft und erhält den beschriebenen Lebensraum. Zugleich sorgen die Bodenpflanzen für die wichtigen Nährstoffe, also den Dünger im Boden. Auch bei der Traubensaft- und Weinherstellung gelten hier strenge Richtlinien. Biowein soll möglichst naturbelassen hergestellt werden. Das Ganze ist gut für die Umwelt – und dem Geschmack schaden die umweltschonenden Verfahren auch keinesfalls!

Weinlese
Erntezeit! Die Weinlese findet je nach Lage und Rebsorte bei uns ab dem Spätsommer statt.