Vielen Tierarten sieht man den wilden Urahn kaum mehr an. Trotzdem haben sie manchmal noch einiges gemeinsam.

Es ist ja kein Geheimnis: Aus dem wilden Wolf entwickelten sich vor vielen Tausend Jahren zahme Hunde. Forscher nehmen an, dass das etwa 26 000 bis 19 700 Jahre her ist und im heutigen Sibirien geschah. Damals ähnelte sich das Leben von Wolf und Mensch sehr. Genau wie der Vierbeiner lebten wir im Familienverband und jagten in der Gruppe, um größere Beutetiere zu erlegen. Was davon übrig blieb, holte sich der Wolf. So suchten die klugen Tiere die Nähe von uns jagenden Menschen – schließlich fiel da öfter Futter ab. Wahrscheinlich hatten unsere Jäger auch mal Mitleid mit verwaisten Wolfswelpen und zogen sie auf.

Wilder Wachhund? Wölfe unterscheiden sich von manchen Rassen äußerlich gar nicht so sehr. Sie sind aber länger und haben einen schmaleren Brustkorb. Ihre Ohren sind übrigens innen dicht behaart.

Auf den Hund gekommen

Aus diesen zahmen Tieren entwickelte sich über etliche Generationen der Hund. Dabei bevorzugten Menschen oft die Hunde, deren Eigenschaften ihnen nützlich schienen; Hunderassen für spezielle Aufgaben wurden gezüchtet.

Die schlappohrige domestizierte Variante: Dieser Hund will „nur spielen“! Vom dicken Pelz keine Spur mehr. Und der Schwanz sieht aus, als würde er gleich freudig loswedeln. Und doch gibt es nach wie vor Gemeinsamkeiten.

Hunde und Wölfe haben aber nach wie vor die Sprache gemeinsam. Beide müssen sich im Rudel verständigen können. Wölfe können sich mit Gesicht und Körper sehr genau ausdrücken. Der Hund nutzt nur die Grundlagen dieser Wolfssprache. Das reicht übrigens aus, dass Hunde und Wölfe einander verstehen könnten: Ein eingeklemmter Schwanz bedeutet Angst. Wenn sich die Vierbeiner auf den Rücken legen und die Kehle zeigen, sind sie unterwürfig.

Zähnezeigen und Knurren ist bedrohlich, und mit dem Schwanz wedeln Hund und Wolf vor Freude. Auch auf die Jagd gehen beide Arten gern – dem Hund dient oft ein Ball als Beute.

Ur-Schnurrer

Ganz ähnlich die Hauskatze: Auch sie treibt sich wie ihre Ahnen gerne draußen herum. Sie stammt nämlich von der Wildkatze ab. Obgleich es sich nicht um die Europäische, sondern um die Afrikanische Wildkatze handelt. Weil sie sich leicht zähmen lässt und kaum Aggressivität zeigt, hat sie sich wohl schon vor vielen Tausend Jahren den Menschen angeschlossen – oder wurde von ihnen gehalten.

Die Afrikanische Wildkatze ist auch als Falbkatze bekannt. Von ihr stammen unsere domestizierten Katzen ab.
Die Familienähnlichkeit ist aber auch deutlich, oder?
Anders als Wildkatzen können Hauskatzen in allen möglichen Fellfarben daherkommen – hier ein schwarzes Exemplar.
Der stolze Blick ist aber dem wilden Vorbild nach wie vor recht ähnlich.

Ziemlich wilde Schweine

Auch unser rosa Hausschwein kann auf einen wilden Urahn zurückblicken: Wildschweine sind mit rund 20 Arten mal fast auf der ganzen Welt verbreitet gewesen. Inzwischen werden sie allerdings fast überall stark bejagt, weil sie als Schädlinge gelten – und weil ihr Fleisch beliebt ist. In England etwa ist das Wildschwein schon seit über 300 Jahren komplett ausgerottet. Nichtsdestotrotz gibt es 10 000 Jahre alte Belege für die Haltung von Hausschweinen. Man fing also Wildschweine ein und hielt sie zunächst in eingezäunten Waldgehegen. Man sorgte sodann dafür, dass sich nur die kleineren Schweine vermehrten.
Immerhin kann ein wilder Eber mit seiner gewaltigen Körpermasse und den spitzen Hauern sehr gefährlich sein.

So robust und wehrhaft wirken die Vorfahren unserer Hausschweine. Auch wenn die Tiere nicht grundsätzlich etwas gegen Menschen haben – in Acht nehmen sollten Sie sich, wenn Sie so einem Koloss im Wald begegnen!
Ein langer Weg vom borstigen Wildschwein zum rosa Hausschwein, wie wir es kennen!
Immerhin: Auch diese Ferkel wühlen gerne mit dem Rüssel im Schlamm.

Rosa Ringelschwanz

Domestizierte Schweine waren also höchstens so hoch wie ein Esstisch. Ansonsten ähnelten sie ihren wilden Verwandten aber noch sehr: Sie lebten im Freien und waren der Witterung ausgesetzt.
Ihr Fell war also wärmend und robust. Außerdem suchten sie sich ihr Futter selbst und wurden höchstens zusätzlich mit Eicheln oder Essensresten gefüttert. Erst vor etwa 300 Jahren begann man, die Schweine dauerhaft im Stall zu halten. Es entwickelten sich die ersten gezüchteten Hausschweine, so wie wir sie heute kennen: fett gemästet, rosa und kurzhaarig. Nach wie vor wühlen die Borstenviecher aber sehr gerne mit ihrem Rüssel im Boden nach Futter. Und sie freuen sich über frische Luft.

Ratten der Lüfte?

Stadttauben sind den meisten Stadtbewohnern mit Balkon vor allem eines: ein Ärgernis. Immer wieder versuchen die Tiere, auf Fensterbrettern, gemauerten Vorsprüngen oder eben auf dem Balkon zu nisten. Kein Wunder: Es handelt sich um verwilderte Haustauben und die wiederum stammen von der Felsentaube ab – einem Felsenbrüter. Für die Tauben sind unsere Häuser also nichts anderes als Felsen mit jeder Menge toller Brutmöglichkeiten – wenn da nur nicht immer diese nervigen zweibeinigen Bewohner wären! Felsentauben finden sich nur in Eurasien und Afrika. Felsklippen an Steilküsten und in Gebirgen bieten ihnen reichlich Höhlen und Spalten, um ein geschütztes Nest anzulegen. Diese wilden Tauben suchen sich Samen, Knospen, Beeren oder Insekten, um satt zu werden.
Stadttauben dagegen gibt es überall, wo Menschen leben, abgesehen von den eisigsten Klimazonen unseres Planeten.

Felsentaube
Diese Felsentaube sitzt dort, wo sie sich die meisten Balkonbesitzer hinwünschen, nämlich auf
einem Felsen, weit weg von der nächsten menschlichen Siedlung.
Ringeltaube
Auch Ringeltauben kann man in der Stadt antreffen, doch sie bevorzugen Parks und andere naturnahe Orte
zum Nisten und zur Futtersuche.

Zuchttauben

Was wir schon fast vergessen haben: Tauben wurden früher fast überall gemästet und geschlachtet. Abgesehen davon setzte man sie als Brieftauben ein: Weil sie immer wieder zu ihrem Brutplatz zurückkehren, eigneten sie sich zum Briefverkehr zwischen festen Adressen. Noch vor 200 Jahren kommunizierten etwa Regierungen so über weitere Distanzen.
Heute landen gezüchtete Tauben zwar nicht mehr so häufig auf dem Teller und wir haben viele Alternativen, um uns gegenseitig Nachrichten zukommen zu lassen – doch es gibt mehr als 800
Taubenrassen, die in Wettbewerben wegen ihrer Schönheit der ganze Stolz ihrer Züchter sind.

Diesen Artikel finden Sie zusammen mit weiteren spannenden Fotos in LandKind 02/23.