Jahrelang wurde Hafer vor allem als Kraftfutter an Pferde verfüttert. Heute landet er als Porridge in so mancher Frühstücksschale. Doch Hafer schmeckt nicht nur prima – er kann auch heilen.

Schon gewusst? Immer zum Jahreswechsel steht die alljährliche Haferweihe an. Falls Ihnen das so gar nichts sagt, wird in Ihrer Region wohl der Stefani- oder Stephanustag nicht mehr begangen. Dabei sind für den 26. Dezember in Österreich, Deutschland und der Schweiz verschiedene, Jahrhunderte alte Brauchtümer zu Ehren des Heiligen Stephan vorgesehen: Unter anderem wird und wurde Hafer als Pferdefutter geweiht, um das Wohlergehen der Tiere für die nächsten zwölf Monate zu sichern. Anderswo bewarfen kecke Dorfburschen einst die Leute beim Kirchgang mit Hafer. Ganz klar: Die Pflanze ist ein sehr alter und fester Bestandteil unserer Kultur.

Feine Haferflocken: So sieht er aus, der plattgewalzte Hafer, wie ihn
wohl die meisten Menschen kennen.

Seit Jahrtausenden beliebt: Hafer

Zwar ist Hafer als Nutzpflanze erst seit 5000 Jahren in Europa bekannt und damit die jüngste Getreidesorte in unseren Breiten. Kelten und Germanen kannten Hafer zunächst nur als Beiwuchs in Gersten- und Weizenfeldern, bauten den Hafer aber bald als eigenständiges Getreide an. Schon der römische Gelehrte Plinius schrieb (etwas abfällig) im letzten Jahrhundert vor Christus, die germanischen Völker säten den Hafer und äßen nur Haferbrei. Das mochte daran liegen, dass die robusten Haferpflanzen selbst bei widrigen Anbaubedingungen wie Staunässe, Trockenheit oder nährstoffarmen Böden stets reichen Ertrag lieferten:
Noch auf 1600 Metern Höhe, wo es dem Weizen längst ungemütlich wäre, konnte man Hafer gut anpflanzen. Im Mittelalter wurde Hafer bei uns sogar zum Grundnahrungsmittel; Brot und Brei oder sogar Bier aus Hafer kamen fast täglich auf den Tisch. Erst eine wachsende Vorliebe für feines Weizenbrot und die Einführung der Kartoffel vor rund 300 Jahren ließ diese Haferliebe stark abflauen.

Mancherorts reichen die Felder fast bis zum Horizont. Hafer wird
in Deutschland auf ca. 180.000 Hektar Land angebaut.

Hafer: Die Pflanze

Hafer gehört zu den Süßgräsern. 25 Haferarten sind in Afrika, im Mittelmeerraum und Asien verbreitet. Bei uns wird Saat-Hafer angebaut und verzehrt. Gemäßigtes Klima mit viel Regen lässt ihn gut gedeihen. Manchmal können Sie ihn auch wild am Wegesrand oder auf Brachen sprießen sehen. Saat-Hafer wächst aufrecht mindestens über einen
halben Meter bis eineinhalb Meter hoch und trägt von Juni bis August die Blüten am Ende des hohlen Stängels. Immer zwei bis vier der Blüten sind dabei an kleinen Ästchen angeordnet, die eine 15 bis 30 cm lange Rispe bilden. Je nach Blüte- und Reifezeit wird Hafer ab Mitte August bis
Oktober geerntet.

Grüner, unausgereifter Hafer findet auch seine medizinische Anwendung.

Gesunde Inhaltsstoffe

Ob kernig oder zart: Für Haferflocken werden die Körner nur von der äußeren, unverdaulichen Hülle getrennt und behalten ihre Vollkornqualität. In Hafer stecken essentielle Aminosäuren und mit 16 Prozent mehr Proteine als in anderen Getreiden; auch der Zinkanteil ist enorm. Die verbliebenen äußeren Randschichten, Frucht- und Samenschalen und der Keimling enthalten Vitamine, Kohlehydrate, Mineral- und Ballaststoffe und überwiegend ungesättigte Fettsäuren.

Es muss nicht immer die Flocke sein: Aus den unverarbeiteten Haferkörnern
können Sie sich einen Frischkornbrei zubereiten.

So finden sich in Hafer zum Beispiel Natrium, Magnesium, Kupfer, Selen,
Phosphor, Eisen, Kobalt, Mangan, Zink, Kalium, Vitamin K und E, Provitamin A, B-Vitamine, die Spurenelemente Jod und Bor. All das sorgt für eine gute Versorgung im Rahmen einer gesunden Ernährung. Aus medizinischer Sicht gibt es weitere wertvolle Stoffe im Hafer: In seinem Getreideprotein steckt Avenin, das beruhigend wirken kann. Äußerlich zur Anwendung kommt die im Haferstroh enthaltene Kieselsäure. Sie kennen
diesen Stoff vielleicht unter dem Namen Silicea – ein wichtiges Spurenelement. Es unterstützt die Fähigkeit der Haut, Feuchtigkeit zu binden ebenso wie das Bindegewebe und kann für gesundes Haar und Nägel sorgen. Auch für gesunde Knochen ist es wichtig!

Heilwirkung von Hafer

Insgesamt ist Hafer – auch im Vergleich mit anderen Vollkornprodukten – extrem leicht verdaulich. So wird er schon von jeher als Schonkost bei Magenbeschwerden verwendet. Bestimmte Ballaststoffe im Hafer verhindern einen zu raschen Anstieg des Blutzuckerspiegels – für Menschen, die Heißhungerattacken vermeiden wollen oder unter Diabetes leiden, besonders wichtig. Dieselben Ballaststoffe schützen die Schleimhäute von Magen und Darm und können den Cholesterinspiegel
senken. Wird der Hafer zusammen mit Milch, Quark oder Joghurt eingenommen, hält er lange satt; kommt Vitamin C aus Obst oder Saft dazu, kann das wertvolle Eisen des Hafers vom Körper gut aufgenommen werden.

Ein gesundes Frühstück: Haferflocken, Milch, frische Früchte und Honig.

Hafersuppe, Haferschleim und Haferbrei eignen sich als besonders schonende und kräftigende Kost bei Magen-, Darm-, Nieren- und Blasenleiden.

Altes Wissen

Der griechische Arzt Dioscurides empfahl vor rund 2000 Jahren dünnen Haferschleim als Hustentrank, wohl wegen der schleimhautschützenden Eigenschaften. Die Heilige Hildegard von Bingen hielt den Hafer – ganz zu Recht, wie wir heute wissen – für ein gutes Stärkungsmittel, und sie verschrieb Haferstrohbäder bei Gicht. Auch heute sind solche Bäder noch beliebt, allerdings eher bei Hautverletzungen und gegen Juckreiz. Die Homöopathie weiß den Hafer ebenfalls zu schätzen: Hier werden Präparate bei Stress und mangelndem Appetit eingesetzt.
Grüner Hafer wird kurz vor der Blüte geerntet, es handelt sich also um die
grünen Haferstängel. Naturheilkundler empfehlen einen Tee daraus bei Schlaflosigkeit oder Reizdarm.

Passende Rezepte zum Nachmachen hierzu finden Sie im LandKind-Magazin.